Wahllos in Europa | Von Rüdiger Rauls

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Die Bedeutung der Europawahlen lag weniger in der Neu-Besetzung des europäischen Parlaments als vielmehr in der Abrechnung mit den nationalen Regierungen. Was sagen die Ergebnisse aus über die politische Lage in der EU und welche Entwicklungen zeichnen sich ab?Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.Rechts gewinntDie Gewichte in Europa haben sich nach rechts verschoben, wie immer "rechts" auch definiert sein mag. Dieses Etikett wird hauptsächlich von den Parteien der sogenannten Mitte und Linken benutzt. Sie beurteilen als rechte Gesinnung bestimmte Einstellungen zur Migration, Identitätsfragen, Minderheiten, Klimawandel und neuerdings auch dem Verhältnis zu Russland, China und der Unterstützung der Ukraine. Die in diesem Sinne rechten Parteien haben an Stimmen gewonnen. Das ist vordergründig das Offensichtliche, wenn man die Ergebnisse der Europa-Wahl betrachtet.Besonders das starke Abschneiden der Alternative für Deutschland (AfD) fällt auf. Daran haben selbst die politisch erwünschten und geförderten wochenlangen Demonstrationen gegen Rechts nicht so viel geändert. Wenn vermutlich auch das Ergebnis der AfD darunter gelitten hat, so hat die Wahlanalyse von Infratest Dimap doch ergeben, dass die AfD nicht länger als eine Protestpartei angesehen werden kann. Sie hat sich einen treuen Wählerstamm aufgebaut, ist besonders im Osten Deutschlands zur stärksten politischen Kraft geworden und steht sogar im gesamten Deutschland auf Platz zwei.Sie dient nicht länger als Denkzettel, sondern ist vielmehr zu einem Benotungssystem für die Politik der anderen Parteien geworden. Die Vermutung, "dass die AfD-Wähler aus einer temporären Unzufriedenheit heraus handelten"(1), wird durch die Wahlanalyse nicht mehr bestätigt. Vielmehr geben 70 Prozent der AfD-Wähler an, "die politischen Forderungen der Partei zu unterstützen"(2). Die Altparteien können sich nicht weiter mit ihren Vermutungen und Hoffnungen vertrösten.Wenn auch mancher Wähler, wahrscheinlich vornehmlich im Westen, sich hat verunsichern lassen in seiner Wahlentscheidung für die AfD, so muss andererseits aber auch festgestellt werden, dass der Vorwurf des Rechtsextremismus sich immer weiter abnutzt. Die überwiegende Mehrheit der AfD-Wähler hält die Partei nicht für rechtsextrem, aber selbst wenn "dem so wäre, sei es egal, so lange die richtigen Themen angesprochen würden"(3). An dieser Haltung wird deutlich, dass sich der Vorwurf des Rechtsextremismus so weit verbraucht hat, dass daraus sogar ein gefestigtes politisches Bewusstsein entstanden ist, das sich dem herrschenden Denken widersetzt.Der Aufmarsch gegen die AfD und gegen Rechts hat zum Gegenteil geführt. Die Menschen scheuen den Kontakt zur Rechten immer weniger. Die moralisierende statt einer politisch-inhaltlichen Auseinandersetzung der letzten Wochen hat nicht zur Schwächung der Rechten geführt, sondern hat im Gegenteil die hilflose Argumentation ihrer Gegner offengelegt. Wer nicht argumentieren kann, kann nicht überzeugen. Da hilft auf Dauer auch keine moralische Empörung weiter...... hier weiterlesen: https://apolut.net/wahllos-in-europa-von-ruediger-rauls+++Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.+++Bildquelle: Alexandros Michailidis / shutterstock Hosted on Acast. See acast.com/privacy for more information.

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